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Neuerungen im Arbeitsrecht im Jahr 2021

In diesem Newsletter möchten wir Sie über einige wichtige Neuerungen im Arbeitsrecht informieren, die per 1. Januar 2021 oder teilweise schon im Jahr 2020 in Kraft getreten sind. Einige dieser Neuerungen benötigen eventuell eine Anpassung des Anstellungsreglements.

1. Vaterschaftsurlaub

Der neue Art. 329g OR sieht vor, dass ein Arbeitnehmer, welcher im Zeitpunkt der Geburt eines Kindes dessen rechtlicher Vater ist oder innerhalb der folgenden sechs Monate wird, Anspruch auf einen 14-tägigen Vaterschaftsurlaub hat. Dieser kann innert sechs Monaten nach der Geburt tage- oder wochenweise bezogen werden. Der Vaterschaftsurlaub wird über die Erwerbsersatzordnung entschädigt. Es gelten grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen wie bei der Mutterschaftsentschädigung.

2. Betreuung von Angehörigen

Arbeitnehmer haben neu Anspruch auf Urlaub für die Betreuung von Familienmitgliedern oder Lebenspartnern, der vom Arbeitgeber zu bezahlen ist (Art. 329h OR). Als Familienmitglieder gelten Verwandte in auf- und absteigender gerader Linie (Grosseltern, Eltern, Kinder) sowie Ehegatten, eingetragene Partner, Schwiegereltern sowie Lebenspartner, sofern seit mindestens fünf Jahren ein gemeinsamer Haushalt besteht. Die Dauer des Urlaubes wird auf maximal drei Tage pro Ereignis und maximal zehn Tage pro Jahr begrenzt (Art. 36 Abs. 3 ArG). Diese jährliche Obergrenze gilt nicht für die eigenen Kinder (Art. 36 Abs. 4 ArG).

3. Betreuung eines wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes

Neu wird ein Betreuungsurlaub eingeführt, welcher in Anspruch genommen werden kann, sofern ein Kind des Arbeitnehmers wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist. Der Urlaub ist auf 14 Wochen beschränkt und kann am Stück oder tageweise bezogen werden (Art. 329i OR). Wenn beide Eltern arbeitstätig sind, können sie den Urlaub aufteilen, z.B. je 7 Wochen. Ein Kind gilt gesundheitlich schwer beeinträchtigt, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (Art. 16j EOG): 

  1. es ist eine einschneidende Veränderung seines körperlichen oder psychischen Zustandes eingetreten;
  2. der Verlauf oder der Ausgang dieser Veränderung ist schwer vorhersehbar oder es ist mit einer bleibenden oder zunehmenden Beeinträchtigung oder dem Tod zu rechnen;
  3. es besteht ein erhöhter Bedarf an Betreuung durch die Eltern; und
  4. es muss mindestens ein Elternteil die Erwerbstätigkeit für die Betreuung des Kindes unterbrechen.

Während des Betreuungsurlaubes besteht Anspruch auf eine Betreuungsentschädigung nach dem EOG (Art. 16i – 16m). Die Entschädigung wird als Taggeld ausgezahlt, grundsätzlich in der Höhe von 80% des letzten Erwerbseinkommens, maximal die gesetzliche Höchstgrenze von CHF 196.- pro Tag (entspricht einem Monatslohn von CHF 7'350.-). Deckt der Betreuungsunterhalt aufgrund der gesetzlichen Höchstgrenze nicht mindestens 80% des Lohnes, besteht für die Differenz eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers gestützt auf Art. 324b Abs. 2 OR i.V.m. Art. 324a Abs. 2 OR. Der Urlaub kann innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten ab dem ersten Taggeld bezogen werden. Dem Arbeitnehmer darf nicht gekündigt werden, solange Anspruch auf die Entschädigung besteht. Dieser Kündigungsschutz gilt jedoch maximal sechs Monate ab Beginn der Rahmenfrist (Art. 336c Abs. 1 lit. cbis OR).

4. Neuerungen beim BVG

Per 1. Januar 2021 ist Art. 47a BVG in Kraft getreten, wonach versicherte Personen, die nach Vollendung ihres 58. Altersjahres aufgrund einer Arbeitgeberkündigung aus der Versicherung ausscheiden, die Versicherung weiterführen oder andernfalls die Weiterführung bei ihrer bisherigen Vorsorgeeinrichtung verlangen können. Es gelten die gleichen Rechte wie für die anderen Versicherten betreffend Verzinsung, Umwandlungssatz sowie Rentenzahlung. Im Reglement der Vorsorgeeinrichtung kann diese Möglichkeit bereits ab dem vollendeten 55. Altersjahr vorgesehen werden (Art. 47a Abs. 7 BVG). Diese Änderung ist wichtig, da heute eine versicherte Person, die nach Vollendung des 58. Altersjahres ihre Stelle verliert, automatisch aus der Pensionskasse ausscheidet und ihr Altersguthaben auf ein Freizügigkeitskonto überweisen lassen muss. Freizügigkeitsstiftungen zahlen bei der Pensionierung in der Regel keine Renten, sondern lediglich das Kapital aus.Die meisten Betriebe übergeben ihren ausscheidenden Mitarbeitern ein Informationsschreiben zum Versicherungsschutz (was sehr zu empfehlen ist, weil der Arbeitgeber haftbar werden kann, wenn er es nicht tut). Darin sollte neu auf die Möglichkeit der Weiterführung der Versicherung für über 58-Jährige hingewiesen werden.

5. Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen (seit 1.11.2020 in Kraft)

Bereits am 1. November 2020 sind Änderungen der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz in Kraft getreten, welche die bisherige Praxis betreffend Arbeits- und Ruhezeit präzisieren. Neu gilt, dass bei Geschäftsreisen ins Ausland die auf Schweizer Boden zurückgelegte Hin- und Rückfahrt vollständig als Arbeitszeit gelten (Art. 13 Abs. 3bis ArGV1). Analog zu Fahrten im Inland gilt jedoch nur die Zeitdifferenz zum gewöhnlichen Arbeitsweg als Arbeitszeit. Für Fahrten in der Nacht, an Sonntagen oder an gesetzlichen Feiertagen braucht es keine Bewilligung. Allerdings handelt es sich dabei um reguläre Arbeitszeit, weshalb die Lohnzuschläge und Ruhezeiten sowie die Ersatzruhezeiten nach Arbeitsgesetz einzuhalten sind. Die Verordnung stellt zudem klar, dass die Arbeitswoche zur Bestimmung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von Montag 00:00 bis Sonntag 24:00 Uhr läuft (Art. 16 Abs. 1 ArGV1).

6. Lohngleichheitsanalyse (seit 1.7.2020 in Kraft)

Das Gleichstellungsgesetz (GlG) wurde dahingehend geändert, dass neu alle Arbeitgeber mit 100 oder mehr Mitarbeitern (bezieht sich auf die Anzahl Mitarbeiter («head count»), ohne Lernende) dazu verpflichtet sind, alle vier Jahre eine betriebsinterne Lohngleichheitsanalyse durchzuführen. Arbeitnehmer und Aktionäre müssen über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse informiert werden. Die Lohngleichheitsanalyse muss anhand einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode durchgeführt und diese muss von einer unabhängigen Stelle (z.B. Revisor) überprüft werden (Art. 13a, 13c und 13d GlG). Der Bund stellt eine solche Methode zur Durchführung zur Verfügung (www.logib.admin.ch/home). Sanktionen sind keine vorgesehen. Wenn der Arbeitgeber also keine Lohngleichheitsanalyse durchführt, wird er für diese Unterlassung nicht sanktioniert. Es kann aber ein Indiz dafür sein, dass bei diesem Arbeitgeber eine Lohndiskriminierung vorliegt und zu Lohndiskriminierungsklagen animieren (Art. 7 GlG).

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