«Ewiger» Aktionärsbindungsvertrag, der die Nachfolgeregelung einer Partei erschwert, ist aufgrund übermässiger Bindung ungültig: Bundesgerichtsurteil 4A_45/2017
Die Parteien von Aktionärsbindungsverträgen («ABV») sind oft versucht, diese auf unbestimmte Zeit abzuschliessen und keine Kündigungsmöglichkeiten einzubauen. Langdauernde Verträge scheitern aber regelmässig am Verbot der übermässigen Bindung (Art. 27 Abs. 2 ZGB), insbesondere wenn sie neben der wirtschaftlichen auch die persönliche Entfaltungsfreiheit einer Partei einschränken. Dass man bei der Gestaltung von ABV gut daran tut, Kündigungsmodalitäten zu vereinbaren (wenn nötig verbunden mit einer langen Mindestlaufzeit), zeigt auch die neuste bundesgerichtliche Rechtsprechung.
Anlass für das bundesgerichtliche Urteil 4A_45/2017 (zur Publikation vorgesehen) war ein Aktionärsbindungsvertrag aus dem Jahr 1985. Darin hatten sich die Parteien unter anderem Vorkaufsrechte gewährt und dem nicht-operativ tätigen Aktionär beträchtliche Ausschüttungsrechte eingeräumt. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und sah keine Kündigungsmöglichkeit vor. Strittig vor Bundesgericht waren im Wesentlichen die Tragweite und Folgen einer solchen Klausel.
Das Bundesgericht erinnerte zunächst daran, dass nach seiner Rechtsprechung Verträge nicht auf ewige Zeit abgeschlossen werden können. Enthalte ein Dauervertrag keine Kündigungsmöglichkeit, sei einzelfallweise zu entscheiden, ab wann das Vertragsverhältnis aufgelöst werden könne.
Schränkt ein Vertrag (lediglich) die Freiheit zur wirtschaftlichen Betätigung ein, sei ein Verstoss gegen Art. 27 Abs. 2 ZGB allerdings zurückhaltend anzunehmen. Eine vertragliche Beschränkung sei nur dann übermässig, wenn sie den Verpflichteten der Willkür eines anderen ausliefere, seine wirtschaftliche Freiheit aufhebe oder in einem Masse einschränke, dass die Grundlagen seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet seien. Auch eine (sehr) lange Bindung an einen ABV könne zulässig sein, wenn sie mit der Aktionärseigenschaft untrennbar verknüpft sei und diese zu nicht erheblich erschwerten Bedingungen aufgegeben werden könne (etwa durch Verkauf der Aktien zu einem fairen Preis). Von einer übermässigen Bindung könne man jedoch namentlich dann ausgehen, wenn diese vor dem Hintergrund einer Nachfolgeregelung die gesamte wirtschaftliche Betätigungsfreiheit einer Vertragspartei betreffe und damit zugleich auch das persönliche Betätigungsfeld einschränke.
Im konkreten Fall erachtete das Bundesgericht den Tatbestand der übermässigen Bindung als erfüllt. Dies, weil der mittlerweile über 30-jährige Aktionärsbindungsvertrag eine Generation nach dessen Abschluss die Freiheiten des Beklagten übermässig einschränkte, seine Nachfolge zu regeln: Die ebenfalls im Geschäft tätigen Söhne hätten dem nicht-operativ tätigen Gründungsaktionär bei steigendem Lohn weiterhin immer höhere Ausschüttungen gewähren müssen. Eine solche Verpflichtung mache die Übernahme des Geschäfts unattraktiv und damit die Nachfolgeregelung (zu) schwierig. Aufgrund dieser Umstände folgerte das Bundesgericht, dass der Vertrag zeitlich zu begrenzen sei, das heisst im vorliegenden Fall mit sofortiger Wirkung (ex nunc) dahinfalle.
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